Haben Sie für Ihre Riester-Rente Kinderzulagen erhalten, und anschließend den Eigenanteil (wieder-)erhöht, oder den Vertrag zeitweise beitragsfrei gestellt? Dann kann es sein, dass Ihr Versicherer ein weiteres Mal Abschlusskosten in Rechnung gestellt hat. Diese durften Ihrem Vertrag nicht belastet werden – Fordern Sie Ihre Versicherung auf, Auskunft über ggfs. doppelte berechnete Abschlusskosten zu erteilen. Holen Sie sich so für Ihre Riesterrente doppelt gezahlte Abschlusskosten zurück.
Stellen Sie sich vor Sie kaufen eine neue Couch bei IKEA. Nachdem Sie diese bezahlt, und auf dem Parkplatz geschleppt haben, stellen Sie fest, dass Ihr PKW zu klein für das neue Möbel ist. Sie lassen die Couch also zunächst in Verwahrung. Am nächsten Tag kommen Sie mit einem Van, und wollen die Couch abholen. Der Verkäufer bedankt sich, indem er Ihnen den Kaufpreis nochmals in Rechnung stellt. Ähnlich gingen die Versicherer vor: Die Abschlusskosten waren vielfach bereits getilgt Dadurch, dass Sie den Eigenanteil zuerst senkten, aber später wieder erhöhten wurde dies als Neuabschluss verbucht.
Rechtlicher Hintergrund: So berechneten Versicherer doppelte Abschlusskosten
Die Beitragshöhe eines Riester-Vertrages setzt sich zusammen aus:
- Eigenmittel des Versicherungsnehmers, sowie
- staatlichen Zulagen
Gewährte Vater Staat zeitweise Kinderzulagen, konnte der Versicherungskunde bei gleicher Beitragshöhe, seinen Eigenanteil senken. Um die Rentenleistung zu sichern, musste der Versicherungskunde nach Wegfall der Kinderzulagen seinen Eigenanteil entsprechend wieder erhöhen. Dies wurde von den Versicherern wie eine (Teil-)Kündigung und Wideraufnahme behandelt. Dadurch sind Abschlusskosten, die bereits gezahlt waren, nochmals gebucht worden.
Durch diese Regelung sollte dem Verbraucherschutz dienen. Denn bei Beitragsfreistellung in den ersten 5 Jahren sollte der Versicherungskunde nicht schlechter gestellt sein, als bei Kündigung des Riesterrenten-Vertrages. Hintergrund ist, dass die Abschlusskosten regelmäßig auf die ersten 5 Versicherungsjahre verteilt werden. Wird die Versicherung vor Ablauf der 5 Jahre gekündigt, bleibt der Versicherer auf einem Teil dieser Kosten sitzen. Umgekehrt würden bei der Beitragsfreistellung die Kosten weiterhin aus dem bereits gebildeten Kapital entnommen werden. Dies sollte verhindert werden.
Hieraus haben Versicherer abgeleitet, dass nach Wiederaufnahme der Zahlungen auch wieder Abschlusskosten verbucht werden durften. Jedoch wurden nicht nur die ausstehenden Kosten belastet, sondern der Vertrag wie ein Neuabschluss gewertet. In der Folge wurden Abschlusskosten ein zweites Mal in voller Höhe erhoben – auch wenn diese bereits ganz oder teilweise getilgt waren.
Abschlusskosten der Riester-Rente berechnet der Versicherer anhand der „Bruttobeitragssumme“, also der Summe aller Beiträge, die bis Ablauf des Versicherungsvertrages voraussichtlich gezahlt werden. Zur Berechnung der Kosten in der Lebens- oder Rentenversicherung lesen Sie hier.
Verbraucherzentrale deckt das Spiel auf
In einem Rundschreiben vom 14.03.2019 hat das Bundesfinanzministerium darauf aufmerksam gemacht, dass diese Praxis unzulässig ist. Wörtlich wird ausgeführt:
„Ändert sich die Beitragssumme während der Laufzeit, dürfen zusätzliche Kosten nur auf die positive Differenz zwischen neuer und ursprünglicher Beitragssumme erhoben werden, maximal in Höhe des Prozentsatzes, welcher auf dem individuellen Produktinformationsblatt ausgewiesen ist. Eine positive Differenz zwischen neuer und ursprünglicher Beitragssumme liegt nicht vor, wenn beispielsweise erhöhte Eigenbeiträge wegfallende Zulagen ersetzen. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass reduzierte Eigenbeiträge durch höhere Zulagen ersetzt werden.“
Daraufhin hat eine Umfrage der Marktwächter der Verbraucherzentrale Hamburg ergeben, dass es gängige Praxis war. Von 34 Versicherern, die Auskünfte erteilt haben, räumten 15 ein, in diesen Fällen ein weiteres Mal Abschlusskosten berechnet zu haben. Hieraus lässt sich schließen, dass fast die Hälfte der Versicherungsunternehmen bei Wiederaufnahme der Beitragszahlungen nach Freistellung zu unrecht weitere Kosten veranschlagt hatten.
Zu Unrecht berechnete Kosten zurückholen
In Ihrem Journal vom Oktober 2019 hat die BaFin dieses Thema aufgegriffen. Daraufhin haben die von der BaFin befragten Versicherer mitgeteilt, diese Praktiken in Zukunft zu unterlassen. Kunden, deren Verträge bereits mit doppelten Kosten belastet wurden müssten aber selbst aktiv werden, und Ihren Versicherer zur Rückzahlung auffordern.
„Die Verbraucherschutzabteilung der BaFin hat sich von allen betroffenen Unternehmen schriftlich bestätigen lassen, dass sie künftig keine Doppelprovisionen mehr erheben und Kundenbeschwerden zu bereits erhobenen erneuten Abschluss- und Vertriebskosten im Sinne der Verbraucher behandeln werden. Die BaFin geht davon aus, dass in der Praxis eine Doppelprovisionierung bei den RiesterRentenversicherungsverträgen nicht mehr stattfinden wird.“
Im Klartext heißt dies, der Verbraucher muss für seine Riester-Rente selbst aktiv werden. Die Verbraucherzentrale Hamburg bietet auf Ihrer Internetseite ein Musterschreiben an.
Auch wenn Sie nicht sicher sind, ob Ihre Riesterrente hiervon betroffen ist, sollten Sie von der Möglichkeit Gebrauch machen. Fordern Sie Ihren Versicherer auf, Auskunft zu erteilen – und ggfs. doppelt veranschlagte Kosten zurückzuerstatten.